Für den Staatsanwalt ist der Fall klar: Doppelmord aus Eifersucht. Aber obwohl alle Indizien gegen den jugendlichen Verdächtigen sprechen, glaubt Anwalt Dismas Hardy nicht an dessen Schuld. Und tatsächlich - mit jedem Schritt führt die Suche nach der Wahrheit in immer tiefere Abgründe... Der 17-jährige Andrew Bartlett steht im dringenden Verdacht, seine Freundin und einen seiner Lehrer umgebracht zu haben. Ohne vorher mit dem Verdächtigen zu sprechen, prescht die übereifrige junge Anwältin Amy Wu vor und zeigt bei der Staatsanwaltschaft die Täterschaft an. Sie will damit erreichen, dass Andrew, ein Sohn aus reichem Haus, noch unter die Gerichtsbarkeit des Jugendstrafrechts fällt. Aber sie hat die Rechnung ohne Andrew gemacht, der standhaft behauptet, nicht der Täter zu sein, obwohl alle Indizien gegen ihn sprechen. Anwalt Dismas Hardy wollte sich eigentlich desillusioniert aus dem Geschäft zurückziehen, aber als nun die junge Kollegin gehörig in Schwierigkeiten gerät, ist sein Können wieder gefragt. Die Suche nach der Wahrheit führt schließlich in ungeahnte Abgründe - und bringt die beiden Anwälte mit jedem Schritt in immer größere Gefahr. Auch mit seinem neuen Roman zeigt sich John Lescroart als Meister seines Fachs. Ein Justizthriller der Spitzenklasse!

Prolog Nur noch vier Minuten hatte die sechzehnjährige Laura Wright zu leben, als sie aus dem Badezimmer der kleinen Wohnung in der Beaumont Street in San Francisco trat. Ihren Augen waren noch die kürzlich vergossenen Tränen anzusehen. Im Bad hatte sie sich jedoch Wasser ins Gesicht gespritzt und die verschmierte Wimperntusche und das Make-up abgewaschen, und jetzt leuchtete ihre Haut. Eine feuchte blonde Haarsträhne hing ihr in die breite, glatte Stirn. Sie ging durchs winzige Wohnzimmer zur Küchenecke, wo Mr. Mooney, der Schauspiellehrer, über den Tisch gebeugt stand und in seiner sauberen Handschrift Anmerkungen in das Manuskript des Stückes einfügte, das sie gerade probten. Als sie herantrat, richtete er sich auf. Im helleren Licht der Küche spiegelte sich in Lauras Augen etwas von dem Türkis ihrer Bluse. Mooney machte ein freundliches Gesicht und vermittelte Ruhe und Gelassenheit. Noch vor zehn Jahren war er ein Mann für die Hauptrollen gewesen. Jetzt war er zwar noch immer schlank und rank und sah auf eine konventionelle Art gut aus, doch sein leicht ergrautes Haar lichtete sich, und erste Anzeichen eines Doppelkinns drohten sein Profil zu verunstalten. Er lächelte ihr zu. 'Geht's wieder?', fragte er. Sie nickte, noch immer zu aufgewühlt, um ihrer Stimme zu vertrauen. Für einen Augenblick standen die beiden sich so gegenüber, dann streckte Laura die Hände aus und warf sich ihm an die Brust. Nach einer Weile begannen ihre Schultern zu zucken, während Mooney sie festhielt und ihr mit der Hand über den Rücken, den glatten Seidenstoff der Bluse strich. 'Ist ja gut', sagte er. 'Alles wird gut.' 'Ich weiß. Ich weiß es ja.' Sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals. 'Es ist doch schon alles wieder in Ordnung', sagte Mooney. Wieder nickte sie. 'Ich weiß. Nur ... ach, ich will einfach Danke sagen.' Sie trat ein Stück zurück, sah ihn an. 'Ich hatte nicht vor, mich so zu benehmen.' 'Du benimmst dich großartig. Ich bin nur froh, dass du den Mut gefunden hast, es jemandem zu erzählen. So etwas für sich zu behalten, das kann richtig hart sein.' 'Ich hab halt gedacht, dass ich Ihnen vertrauen kann.' 'Da hast du ganz richtig gedacht.' 'Ich weiß, aber ... Was war das?' Mooney ging zum Fenster, blickte auf die Straße hinaus. 'Niemand. Nichts.' Laura seufzte, atmete tief aus. 'Ich hatte fast befürchtet, dass Andrew schon wieder da sein könnte. Ich weiß nicht, ob ich schon so weit bin, mit ihm zu reden. Er wird sauer sein, wenn er rauskriegt, dass ich es Ihnen zuerst erzählt habe. Ich meine, es ist schließlich auch sein Baby. Vielleicht kann ich einfach sagen, dass ich zu weinen angefangen habe, nachdem er weg war, und Sie gefragt haben, was los ist ...' 'Genauso war es ja auch.' Sie nickte. 'Ich weiß. Aber Andrew ist ein bisschen komisch, was Sie und mich angeht.' 'Dich und mich? Was ist mit uns?' 'Unser Verhältnis. Zwischen Ihnen und mir. Wir haben uns deswegen sogar mal zwischendurch getrennt.' Mooney musste ein Lachen unterdrücken. 'Weswegen genau, bitte?' 'Er dachte, ich bin in Sie verknallt. Stimmte ja sogar.' 'Du warst in mich verknallt?' 'Als wir mit dem Stück anfingen, ja, als wir hier geprobt haben. Ein bisschen. Er war total eifersüchtig, und ich bin richtig wütend geworden, als er mich beschuldigt hat.' 'Wessen beschuldigt?' 'Na ja, dass ich was mit Ihnen hätte.' Jetzt gestattete sich Mooney doch ein leichtes Glucksen. 'Na, inzwischen weiß er doch hoffentlich, dass dem nicht so war. Und außerdem geht es hier um dich. Es ist dein Körper. Du kannst entscheiden, was du tun willst.' Er machte eine Pause. 'Und weißt du, es wäre nicht die schlechteste Idee, mit deinen Eltern zu reden.' 'Auf keinen Fall.' Sie schüttelte den Kopf. 'Die würden mich umbringen. Mit so was wollen sie nicht belästigt werden, glauben Sie mir.' Mooney trat vor und wischte ihr eine Träne von der Wange. 'Scho ...